Wer lebt in der Welt...
...wo Menschen noch an die große, ewige und unverbrüchliche Liebe glauben?

Ich finde es krass und wunderbar, dass ich ein solch wundervolles Geschöpf getroffen habe. Eine Dame, die an die wahre Liebe glaubt, und die nicht bereit ist, von diesem Standpunkt auch nur ein Haar breit abzurücken. Echt beeindruckend! Ich wünsche ihr alles Glück dieser Welt, damit ihr Traum einer völlig einzigartigen Partnerschaft in Erfüllung geht.

Und ich war ein wenig traurig über meine eigene Einstellung zur Liebe und zu Partnerschaft. Über meine persönliche Resignation und meine vermeintlich objektive Sicht der Dinge. Ich dachte, ich sei Realist in dieser Beziehung. Aber ich habe gemerkt, dass vieles, was sich als Realismus tarnt, vielleicht doch nur Ausflucht und Feigheit vor lebenswichtigen Entscheidungen ist.

Kann es sein, dass wir - vielleicht auch nur ich - unseren Traum der ganz großen Liebe schon längst ausgeträumt haben? Abgelegt weil er sich nicht erfüllen ließ? Haben wir denn nicht schon alle versucht die Liebe zu finden?

Wir lernen Menschen kennen, finden attraktive Eigenschaften an ihnen, verlieben uns in unser Bild von ihnen und haben das Glück, dass es dem anderen ähnlich geht. Wir entdecken die Welt zu zweit, bereichern uns mit komplementären Ansichten, lachen und genießen zusammen. Klar entdecken wir auch kleine Lackschäden und nervende Eigenheiten am Partner.
Und dann läuft uns ein anderer Mensch über den Weg. Interessant, auch sehr attraktiv, gibt uns ein gutes Gefühl und bereichert uns auf andere Weise. Wir entdecken vielleicht sogar den Mechanismus dahinter. Und trotzdem bleibt ein Restzweifel...welcher ist der bessere Partner?

Gibt es DEN EINEN Menschen? Kann oder muss man ihn sich vielleicht schaffen? Den einen, perfekten Partner erschaffen aus der überwältigenden Masse der potentiellen Partner um uns herum?

Mir ist diese Form der Alchemie zumindest bisher nicht gelungen. Ich hatte immer wundervolle Partnerinnen. Jede Einzelne war wirklich hübsch anzusehen, war nicht auf den Kopf gefallen, hatte das Herz am richtigen Fleck...und trotzdem hatte ich immer das Gefühl, dass mir die endgültige Sicherheit für meine Entscheidung fehlt. Und dass diese sehr geliebten Wesen doch irgendwie...austauschbar?...sind.

Das klingt sehr böse und ist überhaupt nicht abwertend gemeint. Ich schäme mich sogar für diesen Gedanken, denn er bezieht sich auf meine Beziehung zu ihnen. Er zeigt MEINE persönliche Unsicherheit und MEINE eigene Austauschbarkeit.

Ich bin mit meinem Latein soweit am Ende, dass ich nicht mehr ein noch aus weiss. Bei jeder Partnerin hatte ich bisher das Gefühl: "Och, die ist ja richtig nett. Mit der kannst Du Dir ein komplettes Leben vorstellen: Kinder, Reihenhaus, Kombi...und nichts tut Dir mehr weh..."

Und dann habe ich es jedes Mal mit der Angst zu tun bekommen!
Was ist, wenn diese Dame doch nicht die richtige ist? Wenn ich wegen meiner Treue zu ihr die eine, richtige und FÜR MICH BESTIMMTE Frau verpasse?

Glaube ich tatsächlich daran, dass wir nur "Halbkugeln" sind, die den perfekten Partner finden müssen um "GANZ" zu werden?
Wenn wir alle Halbkugeln sind - nur mit unterschiedlichen Bruchstellen und Durchmessern - so sagt mir die Logik: Es muss immer Halbkugeln geben, deren Bruchstellen zwar nicht perfekt ineinander passen aber hinreichend, und deren Durchmesser einander sehr ähneln. Dann schleift die Voll-Kugel halt ein bischen auf der größeren Kugel - das passt schon! Sind so zusammengesetzte Kugeln nicht auch ein lebensfähiges Ganzes?

Ist unsere Suche nach "dem einen Menschen" (, der uns aus der sterblichen Masse der beliebigen Menschen errettet,) ein Ausdruck unseres ureigenen, persönlichen Minderwertigkeitskomplexes?

Gehen wir nicht mit völlig überzogenen Erwartungen an unsere Partner heran? Mit dem Wunsch, wir wollten "...völlig vorbehaltslos so geliebt werden, wie wir sind..."
Da frage ich mich: Lieben wir uns selber? Wirklich? Brauchen wir dann den perfekten Partner? Oder tut es ein beliebiger? Ach Mist - da ist sie wieder: Die Beliebigkeit.

Oder wird umgekehrt ein Schuh daraus? Ist es nicht vielleicht so, dass wir uns erst WIRKLICH selber lieben müssen, um nichts anderes als den perfekten Partner zu akzeptieren? Dass die Kohorten anderer "Lebensabschnittsgefährten" bis dato nur mehr oder weniger hübsche Krücken waren?

Kann es vielleicht sein, dass wir von romantischen Geschichten völlig verdorben sind? Können wir die Filmromantik nur deshalb aushalten, weil nach neunzig Minuten dann doch endlich Schluss ist? Ist es vielleicht so dass Männlein und Weiblein eigentlich nur zum Kinderkriegen und zur Brutpflege zusammenfinden sollten?

Mein Herz sagt NEIN. Leise. Und ich bin erleichtert. Die simple Arterhaltung ist es nicht, was uns zusammenbringt. Selbst Sex und reines Vergnügen sind nicht das ganze Glück. Irgendwie ist da der Glaube an mehr. Zumindest der Wunsch nach mehr. Ein schwach glimmender Funke in der großen Dunkelheit des Unwissens...